Mit Ambition und Energie

Etwas leidet immer. Entweder der Geldbeutel oder die Umwelt. Nicht jeder kann es sich leisten, beim Hausbau auf regenerative Energien zu setzen. Voller Ambition und Energie war daher Ende der 90er Jahre Gelsenkirchens Antwort auf den Aufruf der Landesregierung, 50 Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen zu errichten: Am Rande der ehemaligen Steinkohlezeche Consolidation in Gelsenkirchen-Bismarck sollte auf einer Fläche von vier Hektar die erste Solarsiedlung des Ruhrgebiets entstehen. Ganz bewußt entschieden sich die Bauträger dazu, den neuen Wohnraum erschwinglich zu gestalten. Auch Familien mit vielen Kindern sollten in der Lage sein, sich ein Niedrigenergiehaus im Herzen von Gelsenkirchen-Bismarck zu leisten. Doch wie schafft man es, CO2-Emissionen zu senken, ohne das die Baukosten in die Höhe schießen?

Erfahrung bündeln

Als Vorgänger des heutigen regionalen Energieversorgers, der Emscher Lippe Energie GmbH (ELE), verfügten die Stadtwerke Gelsenkirchen und die RWE Energie Regionalversorgung Emscher-Lippe bereits in den 90er Jahren über Erfahrung und Know-how im Betrieb von Solaranlagen. Der Wissenschaftspark in Gelsenkirchen und das Gladbecker Technologiezentrum Wiesenbusch wurden schon früh mit Photovoltaikzellen ausgestattet. Außerdem betrieb die ELE in Gelsenkirchen bereits eine Solartankstelle sowie eine solarthermische Anlage zur Schwimmbadbeheizung. Diese Erfahrungen galt es zu bündeln, um ein Konzept für die Solarsiedlung in Gelsenkirchen-Bismarck auf die Beine zu stellen. Erschwinglich, aber nicht billig sollten die Häuser am Ende sein. Deshalb galt es, bei der Gestaltung und Wahl der Materialien einen hohen Standard einzuhalten. Das erforderte eine integrierte Planung, optimale Abstimmung der Gewerke und Aufspüren von Fördermöglichkeiten. Immer das Ziel vor Augen: Im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden sollten die Häuser der Solarsiedlung etwa 55 Prozent weniger CO2 verursachen.



Ehrgeizige Ziele

Eine starke Ausrichtung nach Süden, gute Dämmaterialien und die passive Nutzung von Sonnenenergie durch große Fensterflächen sollten helfen, den Heizwärmebedarf der Häuser soweit wie möglich zu reduzieren. Dazu plante man, die Warmwasserbereitung zu 65 Prozent durch eine thermische Solaranlage abzudecken. Durch Photovoltaik sollten zusätzlich 40 Prozent des Strombedarfs aus eigener, sauberer Erzeugung stammen. Um Geld zu sparen, machte sich die ELE den Umstand zu Nutze, dass eine Großanlage üblicherweise preisgünstiger ist als mehrere kleine. Also entschied man sich, die Solaranlagen im südlichen Bauabschnitt zu bündeln. Im Norden der Siedlung hingegen beschloss der zweite Bauträger Bau + Grund Immobilien GmbH, die Anlagen der einzelnen Reihenhäuser nicht miteinander zu verknüpfen.



Versorgung aus Kopfstationen

Jede Reihenhauszeile im Süden der Solarsiedlung Bismarck wird aus einer sogenannten "Kopfstation" versorgt, einem 3x3 Meter großem Holzschuppen, hinter dessen Tür sich die gesamte Versorgungstechnik der sechs bis zehn angeschlossenen Häuser versteckt. Hier finden sich der Wärmetauscher der Solaranlagen, der Solarspeicher und ein Gasbrennwertkessel. Und auch die zentrale Einspeisung des erzeugten Stroms ins öffentliche Netz sowie Strom- u. Kochgasversorgung erfolgen aus diesen kleinen Energie-zentralen. Insgesamt stehen im südlichen Abschnitt fünf Kopfstationen: Vier versorgen jeweils zwei Reihenhauszeilen, die fünfte ist lediglich für eine Zeile verantwortlich. Um ein Netzkonzept für die Solarsiedlung auf die Beine zu stellen, setzten sich alle Beteiligten an einen Tisch - gemeinsam mit dem Bauträger Interboden, dem Ingenieurbüro Graw, der Telekom, Gelsenwasser und Gelsenkanal arbeitete die ELE an dem Vorhaben, alle Versorgungsleitungen durch nur einen Graben zu legen.



Strom aus Sonne

Auf jedem Reihenhaus installierte die ELE in zwei Reihen jeweils eine zehn Quadratmeter große PV-Anlage. Eine Reihe wurde auf dem Dach, eine zweite als Sonnenschutz über die Fenster des 1. Obergeschosses an die Südfassade montiert. Der von der Anlage erzeugte Strom wird über einen Zähler in der Kopfstation zentral erfasst und die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz auf die Eigentümer gleichmäßig verteilt. 40% des Energiebedarfs werden so durch die Photovoltaikanlagen abgedeckt. Jedes Reihenhaus hat natürlich seinen eigenen Stromzähler, der den normalen Haushaltsstromverbrauch erfasst.



Warmes Wasser ist garantiert

Eine Etage tiefer als die Photovoltaik-Kollektoren platzierte die ELE die solarthermischen Anlagen zur Warmwasserbereitung. Die sechs Quadratmeter große Fläche dient gleichzeitig als Sonnenschutz der Fenster im Erdgeschoss. Etwa 65% des Warmwassers sollen auf diese Weise in den bis zu 2.000 Liter großen Speichern aufbereitet werden. Die restlichen 35% und auch der Bedarf für die Raumheizung werden über einen Brennwertkessel in den Kopfstationen ergänzt. Gerade bei der solarthermischen Anlage macht die Bündelung der Reihenhäuser doppelt Sinn: Wenn im Sommer einige Familien in Urlaub sind, wird die Wärme von den anderen weitergenutzt und die Anlage somit vor Überhitzung geschützt.



Gelungenes Contracting

Die Messergebnisse zeigten, dass das Konzept in der Solarsiedlung aufging: Die Anlagen sind richtig ausgelegt, und die anvisierten Energieerträge konnten sogar übertoffen werden. Das Dienstleistungspaket der ELE umfasste in der Sonnensiedlung nicht nur Montage und Betrieb der Solaranlagen, sondern auch die Abrechnung der Energielieferung. Damit hat die ELE ihr Portfolio um ein gelungenes Beispiel für Contracting erweitert und an der Seite von starken Partnern den Beweis angetreten: Es ist möglich, kostengünstig und doch ökologisch zu bauen. Contracting ist für die Fachleute der ELE der Oberbegriff über ein sehr vielseitiges Thema, das in Zukunft noch wichtiger werden wird. Es beginnt bei der intelligenten Lösung für ein kleines Mehrfamilienhaus, geht von technisch individuell zugeschnittenen Lösungen für größere Wohn- und Geschäftshäuser bis zum Highlight der ELE-Contracting-Projekte: dem Energiekonzept für die Veltins-Arena.